Dienstag, 28. Februar 2012

Trackshittaz - Woki mit deim Popo


Der Eurovision Songcontest. Ein mediales Großereignis, das angeblich sowieso keiner ernst nimmt, das angeblich von vorne bis hinten gestellt ist und weil dieses Ereignis so bedeutungslos und nichtig ist, sitzt ganz Europa und mehr (laut Wikipedia wurde das Spektakel 2011 etwa in New York vom Goethe-Institut vorgeführt) gebannt vor den Bildschirmen. Da ich keinen Fernsehanschluss habe und auch auf Ö3 weitgehend verzichte, hab ich die österreichische Vorentscheidung völlig verpasst und wurde erst durch den großartigen Lyrik-Leser "Havas" auf die diesjährigen Gewinner aufmerksam. Ich werde sein Video ebenfalls einbinden, da er eine schöne Übersetzung ins "Hochdeutsche" (jene die mich kennen, wissen, dass ich kein Anhänger des Begriffs bin... Aber das ist eine andere Geschichte!) gemacht hat und ich mir so die mühsame Übersetzung sparen werde. Auch werde ich mich bemühen - wie immer - völlig neutral über dieses Lied zu schreiben und mir alle weiteren "Facepalms"  zu verkneifen.

Lyrics:



Wia san am Start,
Klunker vierazwanzg Karat,  
unser Bier hot ah-zwa Grad,  
Mundort yeah wia zwa san Stars,  
plündern Bars, wia san am Start,
und olle Leit schrein
heya heya hey,  
wia san Party Indiana,
trogn de Federn auf de Kepf,
und jetzt aussa mit de Depf,
jetzt kummt de Nudlsuppn Gang,
Fruttn yeey,  
Scho laung kan soichen Jubel Trubel gseng,
und sie taunzn und sie shaken,
an de Stoungen an de Deckn,  
bin verzaubert Fruttn schau wie sa sie rekeln
aha

Geht scho Woki mit deim Popo,
Woki mit deim uh uh  
Woki mit deim Popo,
yeah yeah 
so gfoit ma des,
Geht scho
Woki mit deim Popo,
Woki mit deim uh uh  
Woki mit deim Popo,
wei wos i wü bist du!

Und i geh nei in Club,
de Ladies hom an Feinen Schmuck,
owa er is duat, duat,
wo man ned glei vamut,
i schau nur sie on
sie taunzt on da Stripstang
bin am Start
Oida zig Fraun
bei mir brennt nix aun.
Nudlsuppn Gang wos geht
und olle schrein, ho ho
Und de Weiba san am taunzn,
sie gengan nur low low
Sie wicklt mi uman Finger,
sie wü an winner winner
Und dann kanns springa springa,
Bootyshake, schlimma Finga.

Geht scho
Woki mit deim Popo,
Woki mit deim uh uh
Woki mit deim Popo,
yeah yeah 
so gfoit ma des,
Geht scho
Woki mit deim Popo,
Woki mit deim uh uh
Woki mit deim Popo,
wei wos i wü bist du!


Geht scho
Woki mit deim Popo,
Woki mit deim uh uh
Woki mit deim Popo,
yeah yeah 
so gfoit ma des,
Geht scho
Woki mit deim Popo,
Woki mit deim uh uh
Woki mit deim Popo,
wei wos i wü bist du!


Dei Popo hot Gefühle,
dei Popo is a Teil von dia,
sitz erm ned auf de Stühle,  
dei Popo hot a Meinung yeah,  
dei Popo wü Bewegung,
drum woki woki woki,  
dei Popo wü Begegnung,
geht scho gib erm wos a braucht,
Dei Popo wird ned müde,  
Dei Popo sogt wos aus von dia,
Kum shake erm er wüs wüd he,
so das des gaunze Haus vibriert,
dei Popo muas am Start sei,
drum woki woki woki,
dei Popo muas am start sei,
geht scho gib eam wos a braucht!


Geht scho
Woki mit deim Popo,  
Woki mit deim uh uh  
Woki mit deim Popo,
Yeah Yeah
so gfoit ma des,
Geht scho
Woki mit deim Popo,
Woki mit deim uh uh  
Woki mit deim Popo,
wei wos i wü bist du!


Geht scho
Woki mit deim Popo,  
Woki mit deim uh uh  
Woki mit deim Popo,
Yeah Yeah
so gfoit ma des,
Geht scho
Woki mit deim Popo,
Woki mit deim uh uh  
Woki mit deim Popo,
wei wos i wü bist du!

Rhetorik, Stilistik etc.

Besonders auffällig dürfte neben dem über weite Strecken relativ gut funktionierenden Paarreim (gelegentlich auch ein nicht weiter nennenswerter Kreuzreim: "Popo/uh/Popo/du") besonders der Dialekt sein, der wohl selbst unseren deutschen Nachbarn schon einen gordischen Knoten ins Sprachzentrum zaubern dürfte. Damit auch wirklich jeder bemerkt, dass das Lied in Mundart vorgetragen ist, weisen die Interpreten stolz selbst schon in der vierten Zeile der ersten Strophe darauf hin. "Mundoat yeah, wia zwa san Stars". Damit auch unsere nicht österreichisch-sprachigen Nachbarn in den Genuss dieser intellektuellen Granate kommen, hat dieser brilliante Mann (http://www.havas.at/)  das Lied im Rahmen seiner beliebten Lyriklesungen ins "Hochdeutsche" übertragen. Hier also Havas Lyriklesung "Woki mit deim Popo" in verständlichem Deutsch:




Neben der Benutzung des Dialekts und des Endreims finden sich in dem Lied jede Menge Anaphern, hauptsächlich im Refrain, Ausrufe wie "yay" oder "heya hey" lassen sich als Exclamatio bezeichnen, wobei ich sie zusätzlich auch noch zur Onomatopoesie zählen würde. Mit der Nudelsuppen-Gang findet sich eine Doppeldeutigkeit, denn die Nudel kann man auch als Penis interpretieren. "bootyshake", "Strip-Stoung", "shaken" sind Barbarismen. Man könnte das ganze auch Anglizismen nennen, aber es ist mir ein großes Anliegen einmal die Stilbildungsfigur "Barbarismus" in diesem Blog zu erwähnen, zumal mir das Wort passender zu diesem Lied erscheint.
Auffallend und meines Erachtens unnötig ist der unreine Reim in der zweiten Strophe "duat/vamut". Es ist mir absolut nicht verständlich, wieso hier nicht auf "vamuat" gereimt wurde. So bleibt ein hässlicher Stilbruch, dem man zwar Absicht hineininterpretieren könnte, unter den gegebenen Umständen (...ein Lied, dessen Titel die Aufforderung zum Po Wackeln ist) interpretiere ich es jedoch als schlampigen und unüberlegten Fehler.

Inhalt, Interpretation und Facepalm:
Das Lied handelt von zwei ganz besonders tollen Jungs, die durch Discotempel ziehen um in Kontakt mit dem weiblichen Geschlecht zu kommen und dessen Gesäße zu glorifizieren. Alles in allem hoffe ich, dass dieses ganze Lied mit einer gehörigen Portion Selbstironie gewürzt ist und diese beiden Spassvögel sich selbst nicht allzu ernst nehmen. Eine Frage, die sich an dieser Stelle allerdings nicht beantworten lässt.
Über Provokation in der Musik schrieb ich zum Beispiel schon bei meinem letzten Eintrag, jedoch bezog ich mich dabei auf die dunkle Musikszene. Dass es Provokation, besonders aber sexistische in der Mainstreammusik auch gibt, ist nichts Neues. Erinnert sich noch jemand an diese Peinlichkeit? Alex C feat Y Ass - Du hast den schönsten Arsch der Welt. Ich seh es an dieser Stelle nicht als meine Aufgabe mit Feminismus und Genderstudies anzurücken. Solange sich Frauen für solchen Unsinn freiwillig hergeben, seh ich diese Bereiche sowieso als Donna Quichotes Kampf gegen Windmühl_Innen.
Auch in der amerikansichen Popmusik finden sich reihenweise ähnliche Texte und im Hiphop sowieso.
Hier leisten die Trackshittaz also nichts Innovatives. Auch mit dem Mundart-Hiphop sind sie nicht die Ersten und meines Erachtens auch nicht besten Vertreter Österreichs.
Ich will an dieser Stelle dem Lied allerdings nicht seine Existenzberechtigung absprechen, zumal ich mir nicht sicher bin, ob meine Schwester nicht schulterzuckend "beim Fortgehn kann man gut dazu shaken" anmerken würde. Es mag also durchaus seinen Sinn haben und in bestimmten sozialen Schichten und unter gewissen Umständen (wie etwa bei übertriebenem Alkoholmissbrauch) seine Fans erreichen. Der Erfolg gibt den Trackshittaz Recht.
Jedoch habe ich ein gewaltiges Problem mit dem Lied. Nämlich das, dass es als Österreichs Vertreter zum Eurovision Songcontest geschickt wird. Egal wie unsinnig dieses Event sein kann, Österreich tritt mit einem Lied an, das zum Popowackeln auffordert! Das mag einen minimalen Skandalfaktor auf seiner Seite haben, der dadurch verloren geht, dass keiner den Text versteht. Bleiben zwei abgeschleckte Chavs, die für ganz Europa (und darüber hinaus) im Auftrag Österreichs zum Arsch Wackeln auffordern - jedenfalls für jene, die irgendwo die Übersetzung des Titels erhaschen.
Ist das die Message, die Österreich an die Welt zu schicken hat? 


Und ich mache hier den Trackshittaz absolut keine Vorwürfe. Der Vorwurf geht an die Institutionen des Österreichischen Rundfunks, die unter anderem einen Bildungsauftrag haben. Dieser wird mit Ö1 und ORF2 und 3 zu einem gewissen Grade sicherlich erfüllt, bloss erscheint es mir völlig irrsinnig zur selben Zeit jenen Bildungsauftrag auf den Plattformen, auf denen er am notwendigsten wäre – namentlich Ö3 und ORF1 – mit Füßen zu treten. Wenn das deutsche Privatfernsehen sein Karussel der Peinlichkeiten kreiselt, ist das traurig. Wenn das österreichische Staatsfernsehen auf dieses Karussel aufspringt, ist das absolut inakzeptabel. Ein Vorzeige-Rüpel wie Sido hat im Staatsfernsehen nichts zu suchen und in weiterer Folge auch die Trackshittaz nicht.  Das hat auch nichts mit Zensur zu tun, sondern mit Vorbildwirkung und gutem Geschmack. Und wer zieht hier wo die Grenzen? Liebe ORF-Leitung, wie wärs mit einer österreichischen Version von Jackass?

Und nochmal: Nichts gegen die Trackshittaz... die tun nur, was sie eben tun. Aber der ORF tut nicht, was er tun sollte: Nämlich aufpassen, was und wer im Programm landet. Deshalb widme ich die nachfolgende Facepalm-Reihe dem versäumten Bildungsauftrag des Österreichischen Rundfunks.
Danke!
Dem ORF-gewidmete abschließende Facepalm-Serie:











10 Kommentare:

  1. lieber jo,
    für so - nennen wir es mal - konservativ hätt ich dich gar nicht eingestuft...
    ich geb dir in jedem Punkt recht (außer die Sache mit dem Barbarisums und der Onomatopoesie geht mir nicht so ganz ein)
    meine mama wäre stolz auf dich. ich bin es auch!

    karin

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  2. Lieber Musikalischør Interpretør,
    als „nicht österreichisch-sprachiger Nachbar“ mit annähernd gut angewandtem „Hochdeutsch“ und einigem collateral geübten Verständnis der österreichischen „Mundoat“ knüpft sich bei mir der „gordische Knoten“ mehr durch die wohl vielsagend gemeinte Botschaft dieses für mich jedoch nichtssagenden Beitrags als Repräsentanz meines Nachbarlandes, war mir doch bisher immer das Bild Österreichs als Nation mit Anspruch auf kulturelle und intellektuelle Tugenden vermittelt und von mir adaptiert worden. Nun beginnt dieses Bild sich doch merklich zu verwischen, wäre da nicht dein flammender Appel - und hier tritt sicher deine sonst wohl eher ironisch-witzig gemeinte Analyse zugunsten eines wie mir scheint aufrichtigen Anliegens zurück – an die Institutionen, ihren Bildungsauftrag ernst zu nehmen. Das schärft mein Bild wieder, lässt auf Lösung des gordischen Knotens hoffen. Gratulation also dazu. Das mag mancher konservativ nennen, ich nenne es progressiv, da du dich deutlich gegen populistischen Mainstream positionierst.
    Im Übrigen spare ich mir einen Kommentar zu Inhalt, Rhetorik und Stilistik, da schließe ich mich ganz dir an und finde in deiner Analyse die schon oben erwähnte ironisch-witzige Art mit „Spaß zwischen den Zeile“ wieder – auch wenn du sie uns als „neutral“ verkaufen willst. Aber „so gfoit ma des“.
    (Ups, jetzt hab ich mich doch noch von dem Lied(?) uman Finger wickln lossen. Do wokist mit de Kepf)

    Dietmar

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  3. als jemand der wie du weder über tv anschluss verfügt noch ö3 hört, hab auch ich erst sehr spät (durch diesen blog) von der nominierung dieses liedes erfahren. ich möchte jetzt gar nicht lang darauf eingehen wie traurig das eigentlich ist, sondern voll optimismus in die zukunft blicken und vorschlagen, dass wir wenn österreich nächstes jahr wieder etwas in mundart bringen möchte (was ich prinzipiell nicht ablehne) man doch bitte an acts wie texta oder HMBC denkt. letztere versteht zwar niemand der westlich von tirol lebt ohne google translator, dafür hörts sichs gut an und ist musikalisch sicher um ein vielfaches wertvoller!
    gratz zu dem tolllen blog!

    lg cle

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  4. Ich finde dieses Lied einfach nur cool. Frauenfeindlich?? hmmmm find ich nicht....wohl eher für Jugendliche ein Partykracher. Ich bin selbst eine Frau und auch nicht mehr so jung (20 Jahre), dennoch ist der Song "Woki mit deim Popo " ein richtiger Ohrwurm. Ich höre es immer beim Autofahren um die alten Leute zu provozieren, die einfach zu prüde sind um zu verstehen, dass es dich bei der Musik um Spaß handeln sollte und sie nicht nur kritisiert werden sollte!

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  5. Liebe anonyme 20 Jährige, zunächst herzlichen Dank für deinen Comment! Es geht mir bei diesem Blog auch nicht darum Lieder zu zerstören oder schlecht zu reden, ich nehme ein Lied und schau, was es hergibt. Das hat nichts damit zu tun, ob mir das Lied gefällt oder nicht und ich denke auch, dass mir das - trotz manchmal etwas ironischem Tonfall - ganz gut gelingt. Das wollte ich nochmal hervor heben. Sind die Trackshittaz frauenfeindlich? Hmmm, würde ich nicht unbedingt sagen. Hab ich aber auch nicht. Ich sprach von Sexismus, nicht von Frauenfeindlichkeit. Sexismus kann zwar durchaus frauenfeindlich sein, Sexismus per se muss aber nicht frauenfeindlich sein. Die Trackshittaz reduzieren die Frauen lediglich auf ihre Gesäße. Das könnte man schon fast als Lehrbuchsexismus bezeichnen.
    Im Club2 hat "Lukas" (einer der beiden Trackshittaz) angemerkt, dass er auch die Männer als "Nudelsuppengang" objektiviert und dass er selbst das ganze Lied nicht so ernst nimmt. "Welcher Mann bezeichnet sich ernsthaft als Nudelsuppengang?" Damit sei auch die Frage geklärt, ob sich die Trackshittaz selbst ernst nehmen.
    Um auf deine Autofahrt zurück zu kommen, viele Menschen finden Sexismus nur beschränkt lustig und empfinden damit das Lied wohl nicht als Spaß. Und das Lied wird ja auch nicht nur kritisiert. Der Erfolg der Trackshittaz zeigt, vor der Kritik kommt der Höhenflug. Sie haben provoziert und es folgten Reaktionen. Das war wohl auch von den Trackshittaz vorher zu sehen. Und was mich betrifft, ich sehe meinen Blogeintrag auch nicht als Kritik, sondern als Analyse des Songs.

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  6. Ich bin ganz beeindruckt, dass es so eim Lied weiter als unter die Dusche schafft. Hörte es auf diesem blog zum ersten( u letzten )Mal. Deinen Appell an Bild. Auftrag des ORF kann ich nur unterstützenlg
    LgTaKa

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  7. Nachtrag:
    Der Leser ist phantastisch!
    Lg TaKa

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  8. Man lösche den Teil über die Schwester, bitte- hier werden ihr Dinge unterstellt. Es gilt die Unschuldsvermutung!! ;)

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  9. Witzig!
    Es stellt sich unwillkürlich die Frage, ob man am Erfolg dieses Titels bei der Vorausscheidung zum Kontest den kulturellen Niedergang einer Gesellschaft ablesen kann. Immerhin fühlen sich offenbar genug Österreicher davon adäquat repräsentiert, deswegen frage ich mich, ob der ORF, als staatlicher Sender tatsächlich seine Aufgabe verfehlt hat, ist er doch immerhin das Sprchrohr des Staates, der Souverän im Staat jedoch ist das Volk, das sich großteils mit diesem Titel zu idetifizieren scheint ... du solltest mal drüber nachdenken.

    Schade übrigens, dass du keinen Exkurs über Barbarismus eingefügt hast. Würd mich intressieren, was da wohl noch für neue Erkenntnisse gekommen wären ...

    LG, Thomas

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