Samstag, 15. Oktober 2011

[Off Topic] Hollywood - moderne Metamorphosen

Einen schönen guten Tag!
Seit kurzem sind meine Zeit (hallo, neues Semester!) und mein Internet (good bye, alter Vertrag!) knapp, deshalb ist es hier etwas ruhiger. Nun möchte ich dieses Wochenende nutzen um ein, zwei neue Einträge zu schaffen. Ich habe überlegt, welches Lied ich mir diesmal vornehme und kam zum Entschluss  stattdessen auf ein kurioses Phänomen einzugehen. Moderne Metamorphosen aus der Traumfabrik.

Die erste Metamorphose:
Den Anfang macht "Born Villain", die neueste Single von Marilyn Manson. Das Lied selbst wäre durchaus auch spannend zu interpretieren, meine ersten Gedanken zum Inhalt gehen in die Richtung "Medienkritik, Hollywood/Star-Rummel" etc. 
Obwohl das Thema nicht zum ersten Mal behandelt wird (als anderes Beispiel fällt mir spontan "Lost in Hollywood" von System of a Down ein) so finde ich Mansons Zugang doch ganz amüsant. Man nehme beispielsweise folgende Textzeilen:


The rape of Persephone was choreographed by all the wrong Greeks
The rape of Persephone was a marketing scheme


Der Grund, warum ich mir das Lied nicht - wie bisher - normal vornehme, ist folgender: Das wirklich Interessante ist das Musikvideo dazu! 
Shia LaBeouf
Man nehme einen Hollywood-Schönling in der erfolgreichen Deluxe-Ausführung... zum Beispiel den hier! (Siehe Bild rechts...)
Shia LaBeouf heißt der Gute, er hat von "Dumm und Dümmer" über "Charlies Angels" bis "Indiana Jones 4" und den viel zu erfolgreichen "Transformers"-Filmen bei wirklich namenhaften Blockbustern mitgewirkt. Offenbar besagt in der Traumfabrik ein ungeschriebenes Gesetz, dass man den treudoofen Teenager mit Shia LaBeouf besetzen muss.
Und offenbar hat Shia keinen Bock mehr darauf, denn mit "Born Villain" schickt er uns ganz klar eine Botschaft, die etwa in die Richtung "Ja, ich war der dumme Junge in Transformers, aber ich kann auch anders" lautet.
Beim Videoclip zu "Born Villain" hat Shia LaBeouf laut Imdb nicht nur Regie geführt, er hat das Ganze auch produziert. Jetzt wäre diese Begebenheit schon allein deshalb kurios, weil Marilyn Manson und Shia LaBeouf in etwa wie Ying und Yang zueinander stehen. Manson scheint alles zu repräsentieren, was LaBeouf nicht zu sein scheint. Damit jedoch noch nicht genug, Shia LaBeouf hat ganze Arbeit geleistet und ein Video gebastelt, das eines "Schockrockers" wirklich würdig ist. Voller  okkulter Symbolik - mich persönlich erinnert das Video an den Kurzfilm "Lucifer Rising" von Kenneth Anger, teils aber auch an die bizarren Traumwelten eines Tarsem Singh (u.a. "The Cell") ...dazu ist das Video teilweise wirklich "unschön".

Anbei gleich das Video, doch vor dem Genuss möge man sich nocheinmal auf der Zunge zergehen lassen, dass hier der unschuldige Hollywood-Bengel Shia LaBeouf hinter der Kamera steht!






Little J (Taylor Momsen)
Die zweite Metamorphose:
Es war einmal ein kleines hübsches Mädchen. Die spielte auch in einigen Filmen mit, aber der Prinzessinentraum eines jeden Mädchens ging wohl in der Serie "Gossip Girl" auf, wo sie eine furchtbar nervende und anstrengende pubertierende Jenny Humphrey verkörpert hat. Wieso ich das weiß? Weil ich ohne mich zu schämen drei Staffeln Gossip Girl geschaut hab. Danach wurde es mir zu brutal und meine Nerven haben all das Gezicke und Hintergehen mit Intrigen und Verrat, Lug und Betrug einfach nicht mehr verkraftet. 
Die Charaktere dieser Serie sind alle von Grund auf böse und ihr einziges Lebensziel scheint darin zu bestehen anderen das Leben schwer zu machen. Soviel zum Inhalt. Ich hab jedenfalls nach drei Staffeln meinen Glauben an das Gute in der Menschheit vollends verloren. Die Serie hat übrigens immer wieder tolle Lieder am Soundtrack... aber ich schweife ab.
Das Bild rechts zeigt also unsere liebreizende Zicke, die übrigens von einer gewissen Taylor Momsen verkörpert wird.

Nun zur eigentlichen Verwandlung.
Ein Sprichwort sagt: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte
Ich sag: ich kann ihre Verwandlung nur gut heißen.
Ihr T-Shirt sagt: I fuck for Satan...



Ein anderes Sprichwort sagt: "Bellende Hunde beißen nicht." Und Taylor Momsen, obwohl ich ihre Musik ganz gern hab, isst nicht so heiß, wie sie kocht. Das heißt, sie ist sogar ziemlich heiß, aber ihre Musik ist weniger wild als man auf den ersten Blick vermuten würde.
Ein Beispiel: The Pretty Reckless - make me wanna die
Es bleibt die große Frage: Handelt es sich um eine wahre Metamorphose, oder doch nur um eine kurze Halloween Phase? Obwohl ihre Musik doch deutlich rocklastiger ist, in der Pop-Welt haben schon viele den "böses Mädchen"-Look probiert und wieder fallen gelassen. Oft steckt eben doch nur das Marketing dahinter. Ich weiß es nicht und ehrlicherweise interessiert es mich auch nicht.
Von der Gossip Girl-Zicke zum (optischen) Black Metal Bunny.
Dem kann ich nur noch hinzufügen: Mädls, nehmt euch ein Beispiel an Taylor Momsen, denn Schwarz ist das neue Schwarz!




Donnerstag, 25. August 2011

Die Funkhausgruppe - Die Physiker

Es ist 17:30 Uhr, die Nachrichten:
Welle:Erdball, die sich ihrer Myspace-Page zufolge dem "Electro / Gothic / New Wave" zuordnen, haben sich im Jahr 2007 mit ein paar Freunden (namentlich: die PerlenHertzinfarkt und Sonnenbrandt) zusammen gesetzt und dabei die höchst erquickende Koproduktion "Funkhausgruppe" gegründet. Am  24. Juni 2011, nur vier Jahre später, erscheint auch schon das erste Album: Mono-Poly. Aber gut Ding braucht Weile und es handelt sich ja auch nur um ein Sideproject. Dabei handelt es sich auch nicht um das einzige Nebenprojekt dieser überaus produktiven Possen und so freu ich mich, dass ich dieses interessante Projekt kennen lernen durfte. Zuvor wurde bereits "Die Physiker" inklusive Musikvideo veröffentlicht und hiermit will ich mich nun befassen:


Lyrics:
Mikroelektronik, Technik, Chemie, Atomkraft, Physik
Technik, Atomkraft, ähm Quantenphysik

Wir sind integer, wir wissen mehr
gemein gefährlich, wir sind die Physiker
Unsere Gehirne sind riesengroß
Doch lasst uns niemals auf die Menschheit los
Wir sind die Physiker, wir wissen immer mehr

Technik, Chemie, Atomkraft, Physik
Technik, Atomkraft, Mathematik

Wir sind exzentrisch und elitär
auf Gold gebürstet, wir sind die Physiker
Und die Synapsen sind eingestellt
Nur auf die Zukunft, auf das Schicksal dieser Welt
Wir sind die Physiker, wir wissen immer mehr

Tötet die Visionen, sie sind explosiv
wie all unsere Gedanken radioaktiv
Doch wenn sie sich entfalten, dreht sich die Welt verkehrt
Hinter Schloss und Riegel gehören wir gesperrt

Technik, Chemie, Atomkraft, Physik
Technik, Chemie, Atomkraft, Mathematik

Wir sind die Zukunft, wir wollen mehr
sind das Gedankengift, wir sind die Physiker
Wir sind Verbrecher, total verrückt
nur für den Fortschritt und jetzt gibt es kein Zurück
Wir sind die Physiker, wir wissen immer mehr

Tötet die Visionen, denn sie sind explosiv
wie all unsere Gedanken radioaktiv
Doch wenn sie sich entfalten, dreht sich die Welt verkehrt
Hinter Schloss und Riegel gehören wir gesperrt

Technik, Chemie, Atomkraft, Physik
Technik, Chemie, Atomkraft, Mikroelektronik

Wir sind die Mörder, die Welt wird leer
macht euch bereit, wir sind die Physiker
Atomraketen und Torpedos
so lasst uns endlich auf die Menschheit los

Tötet die Visionen, denn sie sind explosiv
Wie all unsere Gedanken radioaktiv
Wenn sie sich entfalten, dreht sich die Welt verkehrt
Denn hinter Schloss und Riegel gehören wir gesperrt

Tötet die Visionen, denn sie sind explosiv
Wie all unsere Gedanken hoch radioaktiv
Doch wenn sie sich entfalten, dreht sich die Welt verkehrt
denn hinter Schloss und Riegel gehören wir gesperrt

Technik, Chemie, Atomkraft, Physik
Technik, Chemie, Atomkraft, Physik
Technik, Chemie, Atomkraft, Physik
Technik, Chemie, Atomkraft, Mikroelektronik


Stilfiguren, Rhetorik und Allerlei...
Gleich die erste Aufzählung ist meines Erachtens eine Enumeratio, eine Aufzählung ohne Nennung des Oberbegriffs "Wissenschaft" bzw. "Naturwissenschaft". Es folgen Alliterationen à la "Wir sind integer, wir wissen mehr", "gemein gefährlich".  Ziemlich clever ist auch die doppeldeutige Verwendung der Adjektive im Lied: so bedeutet "integer" zum einen "unbestechlich, redlich, ohne Makel", zum anderen ist es aber auch ein Begriff aus der Naturwissenschaft und Technik:
  Das Substantiv Integer (engl. integer, „Ganzzahl“) bezeichnet:
   -einen Datentyp in der Informatik, siehe Integer (Datentyp)
   -eine Ganze Zahl in der Mathematik
Wikipedia: Integer

Für das wohlige Hörempfinden sind die Strophen auch gereimt. Es gibt quasi drei verschieden aufgebaute "Strophen": Zum ersten die Aufzählung der naturwissenschaftlichen Disziplinen, die neben der Enumeratio meines Erachtens (Postitionsfiguren betreffend) auch noch eine Geminatio, "Eine Verdopplung bzw. Wiederholung eines Wortes oder Wortgruppe innerhalb einer Periode", ist! Schließlich werden zumindest die Worte "Technik, Chemie, Atomkraft" regelmäßig wiederholt. 
Der zweite "Strophentyp" besteht aus fünf Zeilen, bestehend aus zwei Paarreimen, während die fünfte und letzte Zeile sich umschließend wieder mit der ersten Zeile reimt.
Zu guter Letzt gibt es noch die vierzeilige Strophe, die aus zwei Paarreimen besteht. Interessant ist auch, die Vermischung der Fünfzeiler, die im Anfang des Liedes auftreten, mit den Vierzeilern, die den Schluss bestimmen. In der Mitte überschneiden sich die Vierzeiler und Fünfzeiler.
Ähnlich wie "integer" ist auch "exzentrisch" wieder doppelt belegt: mit den Bedeutungen "überspannt, nicht dem üblichen (Verhalten) entpsrechend, außerhalb des Mittelpunkts liegend" sowie weiteren Bedeutungen in den Naturwissenschaften: So gibt es laut Wikipedia die Exzentrizität in der Mathematik, der Technik und der Astronomie. Diese doppelte Belegung der Adjektive finde ich ein wirklich gelungenes Stilmittel, da sie zum einen natürlich das menschliche Verhalten der Physiker beschreiben, aber zum anderen auch konnotativ auf die Naturwissenschaft verweist.
Abschließend möchte ich noch auf diese Metaphern hinweisen: "explosive Visionen" und "radioaktive Gedanken".
Inhalt:
Das Lied handelt von Physikern, die sich selbst als Gefahr, jedoch auch als Zukunft betrachten. Es gibt hier nicht allzuviel zu interpretieren, da wir klare Angaben der Band haben: Es basiert auf dem gleichnamigen und höchst erfolgreichen Theaterstück des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt. Somit geht es also um ethische Fragen in der Wissenschaft. Zu welchem Preis darf was erforscht werden? Welche Grenzen dürfen nicht überschritten werden? Wie auch im zugehörigen Videoclip an die Tafel geschrieben wird: "Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurück genommen werden".
Mein erster Gedanke war, dass das Lied auch eine Reaktion auf die schrecklichen Ereignisse um das Atomkraftwerk "Fukushima" darstellt, denn spätestens nach dieser Katastrophe sollte die Thematik der Physiker nicht nur für Japan, sondern für die ganze Welt wieder höchst aktuell sein, jedoch erschien die Single samt Video zu "die Physiker" (laut Wikipedia) bereits im Februar, die Katastrophe in Japan war jedoch erst im März.
Dennoch, die Funkhausgruppe hat hier nicht nur ein erstaunlich intelligent inszeniertes Lied abgeliefert, sondern auch mit der Thematik leider völlig den Zahn der Zeit erwischt!

Montag, 15. August 2011

Markus Becker - Das rote Pferd

der unbekannte Hutmann
Am Freitagabend fuhr ich zwecks einer Geburtstagsfeier in die Fremde, wo wir in einen "Stadl" gegangen sind. Das ist im Prinzip eine Skihütte mitten in der Stadt. Après Ski ohne Ski und im Sommer. Eigentlich ganz sinnvoll, da man sich so die teuren Ski-Karten und Ausrüstung spart, vorausgesetzt natürlich, man steht auf diese Art Abendprogramm.
Ich persönlich steh da nicht so drauf und bevorzuge mehr die "böseren" Locations, aber ich dachte mir "sei ka fade Nocken" - und die Party geht ab. In diesem Stadl war so ein komischer Mann mit rotem Hut, den alle furchtbar angehimmelt haben und der sich mit vielen roten Hüten bei der tobenden Menge revanchiert hat. 
Außerdem hat er jede Menge Lieder live zum besten gegeben, so auch "das rote Pferd". Heute sollte ich nach kurzer Google-Recherche herausfinden, dass es sich dabei um den "Künstler" höchst persönlich handelte, den wir da glücklicherweise live erleben durften.
Das ist wirklich nicht mein Lied, aber ich bin ja ein Profi, also geh ich da mal völlig unvoreingenommen heran. Der Mann hat mit dem Lied problemlos die wilde Meute dirigiert, irgendeinen Reiz muss es also haben...?



Lyrics:
(Ich lasse alle Zwischencomments des Interpreten aus, der die Zuhörer immer wieder direkt anspricht und zum Mitsingen animiert, was (im Stadl) auch bestens funktioniert hat und natürlich wichtig für die Stimmung ist.)

Da hat das rote Pferd sich einfach umgekehrt 
und hat mit seinem Schwanz die Fliege abgewehrt
Die Fliege war nicht dumm, 
sie machte sumsumsum 
und flog mit viel Gebrumm ums rote Pferd herum. 
lalalalalalalalalalalaa...

Wenn ich mich nicht verzählt habe, wird dies 5x wiederholt, dazwischen immer direkte Aufrufe ins Publikum, die Hände zu heben, mitzusingen etc. 

Rhetorik&Aufbau etc. 
Rhetorische Figuren etc. sind ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, einen Text eingängig und interessant zu gestalten. Zu lang ist es ja nicht, also muss die ganze Magie des Liedes in diesen paar Zeilen liegen. Das Lied reimt sich immer schön aufs Ende der Zeile, das Ende der Strophe wird durch ein aussagekräftiges "lalalala..." angezeigt, nach kurzen Einwürfen des Interpreten gehts dann auch gleich weiter. Prinzipiell könnte man das Lied ewig weiter singen. Der Text ändert sich nicht und deutet auch eine "Endlosschleife" an. "Rotes Pferd" ist auch gleich eine richtige Lyrik-Atombombe, die zu denken gibt. Gibt es rote Pferde? Meines Erachtens gibts maximal rotbraune Pferde, demnach ist "rotes Pferd" ein Paradoxon. (Paradoxon per Lehrbuch Definition: Unerwartete (scheinbar) widersprüchliche Aussage.) Natürlich könnte es sich auch um eine Metapher handeln? Nur wofür?
Ich persönlich habe keine vernünftige Idee, wofür "rotes Pferd" stehen könnte. 
"Und" würde ich als Alliteration sehen, sowohl die 2. und 5. Zeile fangen mit "und" an.  Selbiges gilt für "seinem Schwanz"! So stark wie beide Wörter betont werden, kann auf jeden Fall von einer Alliteration gesprochen werden. Die letzten Zeilen überraschen mit einer Anhäufung von Onomatopoesie: "sumsumsum", "Gebrumm", "lalalala"; Lautmalerei vom Feinsten. Wobei "lalala" inhaltlich nicht mehr dem restlichen Text zugeordnet werden kann und wohl eher den Gemütszustand des Publikums spiegelt und so den Menschen auf der Tanzfläche das "Mitsingen" erleichtert, was rückwirkend wieder ein wichtiger Faktor für die gute Stimmung ist. 

Inhalt:
Das Lied handelt von einem roten Pferd, welches mit seinem Schwanz versucht eine Fliege loszuwerden, jedoch schwirrt diese um das Pferd und der aussichtslose Kampf beginnt von vorne. Das Pferd muss sich erneut umdrehen, um die Fliege zu erwischen...
Aber kann es tatsächlich sein, dass schlichter Nonsens über ein paradoxes rotes Pferd die Menge so begeistert? Oder steckt womöglich mehr dahinter?
Viele dieser Partykracher zeichnen sich dadurch aus, dass sie unsere niederen Gelüste ansprechen, die bei erhöhtem Alkoholkonsum natürlich auch geweckt werden. Kann es sein, dass sich womöglich perverser Schweinskram hinter dem Lied verbirgt? Ich denke nicht, diese Partylieder zeichnen sich auch alle dadurch aus, diese Themen direkt anzusprechen und nichts in schöne Metaphern zu packen. Klartext sozusagen. Die Meute darf ja auch nach einem gewissen Promille-Satz nicht vom Text verwirrt werden.
Aber ich wär nicht ich, wenn ich nicht selbst für dieses Lied eine gelungene tiefgehende Interpretation, die die Menschheit in ihren Grundfesten erschüttert, finden würde. Ich blicke hinter die Zeilen. War die Mondlandung nur ein Fake? Und ist es möglich, dass womöglich die Illuminaten hinter diesem Lied stecken? Den Fragen, die sonst nur Galileo Mystery klärt (an dieser Stelle sei erwähnt, diese Sendung ist noch um ein vieles unsinniger als das "Rote Pferd") werde ich nun auf den Grund gehen:
"Rotes Pferd" ist - wie schon erwähnt - ein Paradoxon. Doch wie kommt es zu genau dieser Zusammensetzung? "Blaues Pferd" wäre doch in Anbetracht der Zielgruppe sehr viel sinnvoller, zudem eine etwas entfernte Anspielung an die Künstlergruppe Blauer Reiter, was das ganze Lied doch gleich um ein Vielfaches intelligenter machen würde?
Wofür steht die Farbe Rot? Unter anderem steht Rot für die Liebe oder im Gegenteil natürlich auch für Blut. Rot ist zusammen mit Grün aber auch die wichtigste Farbe im Dadaismus, einer Kunstform, welche sich durch Ablehnung von Konventionen auszeichnet, was auch oft im Nonsens enden kann. Wie es zum "Roten Pferd" kommt, sei also an dieser Stelle noch ein Rätsel.
Wieso ist der Antagonist eine Fliege? Wofür steht die Fliege? In der Literatur ist die Fliege unter anderem nichts geringeres als ein Hinweis darauf, dass der Teufel involviert ist! Unter anderem hat sich William Golding im Jahre 1954 in einem Roman mit der Fliege auseinander gesetzt. Ich zitiere kurz aus  

Als Herr der Fliegen wird auch der Beelzebub, der Teufel, bezeichnet. Der alttestamentliche Herr der Fliegen, der Ba'al Zevuv (בעל זבוב), bezeichnet dabei eine der Ba'al-Varianten, wie sie von den Phöniziern der Stadt Sidon oder laut 2. Könige 1,2 auch von den Philistern als Wetter- und Fruchtbarkeitsgott verehrt wurden. Er steht in der alttestamentlichen, um den Glauben Mose zentrierten Deutung, wie alle Ba'ale und Astarten, in höchst negativer Konnotation für die »falsche Gottheit« und die Verführbarkeit des Menschen.  

"Fruchtbarkeitsgott, falsche Gottheit, Verführbarkeit des Menschen". Also steckt zwischen den Zeilen doch schändlicher Schweinskram, der unterschwellig die Menschen auf der Tanzfläche erreicht. Wenn der Herr der Fliegen also der Teufel ist, dann sind die Fliegen seine Anhänger. Die Fliege tut also des Teufels Werk, indem sie das rote Pferd ärgert. Ein inhaltlicher Zufall möchte man meinen, würde dieses vermeintlich harmlose Partylied, einst übrigens Kinderlied, in diesen wenigen kurzen Zeilen nicht noch mehr okkulte Themen und Symbolik beinhalten. Ich zitiere hierzu eine Passage aus einem weiteren ziemlich bekannten Buch, das in den letzten Jahrtausenden viel Unheil und viel Segen über die Menschheit gebracht hat:

Da erschien ein anderes Pferd; das war feuerrot. Und der, der auf ihm saß, wurde ermächtigt, der Erde den Frieden zu nehmen, damit die Menschen sich gegenseitig abschlachteten. Und es wurde ihm ein großes Schwert gegeben. -Offenbarung; 6,4

Plötzlich, im Finale der Bibel, als die Menschheit für ihre Sünden untergeht, als das Tier mit dem unheilvollen, wenig poetischen und in der Musikwelt oft missbrauchten Namen 666 erscheint, als alle sterben, morden und es wirklich nicht gemütlich zu geht, erscheint ein rotes Pferd.
Kommen wir zur endgültigen Interpretation dieses "Liedes": Wir haben das rote Pferd, das kommt, um den Menschen den Frieden zu rauben; wir haben die Fliegen, Anhänger Satans, die das Pferd nerven, foppen, agressiv machen, anstacheln. Es gerade dazu antreiben, sein Unheil über die Welt zu bringen. Es handelt sich bei diesem Lied also um nichts geringeres als eine Beschwörungsformel des Weltuntergangs, die hier zu den Sündern in die Discotheken dieser Welt getragen wird!
Dank mir, der es vermag, hinter die Zeilen zu blicken, der das Böse zu entlarven vermag, wenn es sich auch in den harmlosesten Kinderliedern zu verstecken sucht, könnt ihr euch nun hoffentlich, wenn das Lied das nächste Mal in einer dieser sündigen Brutstätten Satans gespielt wird,  wenn zum Tanz mit dem Teufel aufgerufen wird, von diesem heidnischen, okkulten und im tiefsten Inneren bösen Ritual fern halten.

Abschließend bleibt nur noch zu sagen, Ironie ist per definitionem das, was 99% der Menschen im Internet nicht erkennen, viele auch gerne fälschlich als Sarkasmus bezeichnen, deshalb nochmal kurz im Klartext: Obige Interpretation ist einfach nicht ernst gemeint. Nonsens wie das gesamte Lied, Nonsens wie man ihn im Internet nunmal so findet.
Ich wünsche einen schönen Abend und noch viele lustige Abende mit diesem Lied... ihr Sünder.


Donnerstag, 4. August 2011

Subway to Sally - Kleid aus Rosen

"The whole idea behind a blog is an ongoing narrative... a series of events that follows another series of events."
                                                           - Californication season1episode3

In diesem Sinne möchte ich meine Faulheit überwinden und hier weiter machen. Tatsächlich hatte ich vorm Metal Camp ein anderes Lied im Visier. Ich habe in Slowenien auch, wie im vorigen Blog-Eintrag erwähnt, Tagebuch geführt. Ob - und in welcher Form - dies veröffentlicht wird, überleg ich mir schon die längste Zeit, da es doch recht persönlich ist, aber momentan stehen die Sterne gut! Wenn es dazu kommt, dann aber in einem anderen Eintrag, jetzt gehts wieder zurück zum eigentlichen Inhalt des Blogs und der Interpretation von Liedern!


"Kleid aus Rosen" vom Album "Herzblut" aus dem Jahre 2001 ist geradezu gefundenes Fressen! Fest steht hier inhaltlich nichts, die Meinungen gehen teils enorm auseinander und obendrein ist es vollbeladen mit Stilfiguren! Das ist auch das Mindeste, ist Subway to Sallys Textschreiber Michael "Bodenski" Boden doch laut Wikipedia studierter Germanist! Was ich mit Sicherheit und aus eigener Erfahrung über dieses Lied sagen kann: Im dunklen Club treibt es die Stimmung und die Tanzwut der düsteren Gestalten zur Höchstform!









Lyrics:

 Meister, Meister gib mir Rosen, 
Rosen auf mein weißes Kleid, 
stech die Blumen in den bloßen 
unberührten Mädchenleib.

Ein gutes Mädchen lief einst fort, 
verließ der Kindheit schönen Ort; 
verließ die Eltern und sogar 
den Mann, dem sie versprochen war. 
Vor einem Haus da blieb sie steh'n, 
darinnen war ein Mann zu sehn 
der Bilder stach in nackte Haut, 
da rief das gute Mädchen laut: 

Meister, Meister gib mir Rosen, 
Rosen auf mein weißes Kleid, 
stech die Blumen in den bloßen 
unberührten Mädchenleib. 

„Diese Rosen kosten Blut“, 
so sprach der Meister sanft und gut, 
„Enden früh dein junges Leben, 
will dir lieber keine geben.“ 
Doch das Mädchen war vernarrt, 
hat auf Knien ausgeharrt 
bis er nicht mehr widerstand 
und die Nadeln nahm zur Hand. 

 Meister, Meister gib mir Rosen, 
Rosen auf mein weißes Kleid, 
stech die Blumen in den bloßen 
unberührten Mädchenleib! 

Und aus seinen tiefen Stichen 
wuchsen Blätter, wuchsen Blüten, 
wuchsen unbekannte Schmerzen 
in dem jungen Mädchenherzen. 
Später hat man sie geseh'n, 
einsam an den Wassern steh'n. 
Niemals hat man je erfahr'n, 
welchen Preis der Meister nahm. 

Meister, Meister gib mir Rosen, 
Rosen auf mein weißes Kleid, 
stech die Blumen in den bloßen 
unberührten Mädchenleib!

  Meister, Meister gib mir Rosen, 
Rosen auf mein weißes Kleid, 
stech die Blumen in den bloßen 
unberührten Mädchenleib! 

Rhetorik, Stil & Aufbau:
Schnell springt einem das Reimschema ins Auge: Während der vierzeilige Refrain einen Kreuzreim aufweist, bestehen die achtzeiligen Strophen aus Paarreimen. (Für die Mathematikgenies: 4 Paarreime!) Spannend und gut gelöst ist jedoch der letzte Paarreim: hier reimen sich die Konsonanten plötzlich nicht mehr völlig, ein unreiner Reim bricht die ganze regelmäßige Liedstruktur auf und zeigt das Ende an. Danach folgt nur noch eine doppelte Wiederholung des Refrains.
Was die Stilfiguren betrifft, so finden sich schon in der ersten Zeile des Refrains zwei: "Meister, Meister" ist eine Verdoppelung, oder professioneller ausgedrückt eine Geminatio. Die erste Zeile endet auf "Rosen", die zweite Zeile fängt mit "Rosen" an. Hierbei handelt es sich um eine Anadiplosis. "Stech die Blumen in den bloßen unberührten Mädchenleib" ist zweifellos eine Metapher, für was ist hier die Frage. Die Interpretationsansätze klaffen hier weit auseinander, deshalb will ich darauf näher eingehen, wenn ich mich dem Inhalt zuwende.
In der ersten Strophe befindet sich eine Anapher: es wiederholt sich am Zeilenanfang der zweiten und dritten Zeile "verließ". 
"Der Bilder stach in nackte Haut" ist wieder eine Metapher, über die sich streiten lässt. Selbiges gilt für die zweite Strophe: "Diese Rosen kosten Blut. Enden früh dein junges Leben, will dir lieber keine geben!"
In der letzten Strophe erzeugt schon der erste Paarreim eine gewisse Unsicherheit, reimen sich doch hier die Vokale nicht! "Stichen - Blüten"
"Wuchsen" ist hier gleich eine Geminatio, "wuchsen Blätter, wuchsen Blüten". "Blätter - Blüten" würde ich persönlich auch als Steigerung, also als Klimax betrachten. Das hängt jedoch davon ab, ob eine Klimax per Definition nicht mehr als zwei "Stufen" voraussetzt. (Die meisten Beispiele bestehen aus mindestens drei Steigerungen!) Mein schlaues Skript (und auch Wikipedia) sprechen von einer Steigerung vom schwächeren zum stärkeren Ausdruck. Da die Blüte die Vollendung einer Blume ist, finde ich die Klimax hier gerechtfertig.
"Wuchsen" ist zur Freude aller jedoch auch eine Anapher. Wie auch schon in der ersten Strophe fangen in der letzten Strophe die zweite und dritte Zeile mit dem selben Wort an!
In dieser Strophe findet sich auch ein klassischer Pleonasmus: "junges Mädchenherz". Das Paradebeispiel für den Pleonasmus ist der "alte Greis" unser "junges Mädchenherz" ist genau dasselbe in grün, bzw. das genaue Gegenteil. Was aber soweit nichts an der Stilfigur ändert. Mädchen impliziert, dass es jung ist und daher ist es eine zusätzliche Wiederholung der eigentlichen Bedeutung.
"Wassern"...Das Mädchen steht an den "Wassern". Meines Erachtens eine Synekdochè. Ein weitläufigerer Begriff, der hier nicht ganz klar ist, ein Fluss, ein See, ein Meer, wird durch einen engeren Begriff aus dem selben Begriffsfeld ersetzt.  
Die letzten beiden Zeilen brechen mit dem Reimschema des Liedes, indem sie auf einen auffällig unreinen Reim enden und so schön das Ende des Liedes signalisieren. Ein Bruch im Reimschema ist nicht ungewöhnlich um das Ende eines ansich endlosen Reimschemas erkenntlich zu machen. Beispielsweise fällt mir hier "Über Vergänglichkeit" von Hugo von Hofmannsthal ein, wo das Ende des Gedichts durch eine einzelne Zeile angezeigt wird, welches die ansich endlos fortlaufenden Terzinen stoppt. So bricht auch der unreine Reim "erfah'n- nahm" deutlich mit dem bisher auf der letzten Silbe immer perfekt gereimten Lied.


Niemals hat man je erfahr'n,
welchen Preis der Meister nahm.


Inhalt: 
Jetzt wirds spannend. Im folgenden handelt es sich nicht nur um meine Meinung, sondern auch um die verschiedensten Interpretationsansätze die ich in Foren, Youtube-Comments und den verschiedensten Abarten des interaktiven Web2.0 so gefunden habe. Neben seiner perfekten, eingängigen, zum Tanzen und Mitsingen einladenden Melodie macht die Interpretationsschwierigkeit den großen Reiz an dem Lied aus. Nahezu jeder glaubt etwas anderes in dem Lied zu sehen.  
Zu Beginn sind sich die meisten Interpretationsansätze noch einig. Ein junges Mädchen läuft von zu Hause fort, möglicherweise weil sie nicht heiraten will! "Dem sie versprochen war" impliziert doch ziemlich eindeutig, das die geplante Hochzeit nicht ihre Idee war. 
Sie kommt zu einem Haus, indem ein Meister wohnt. Hier spalten sich die Interpretationsansätze stark auf: Viele scheinen die Verwendung des Wortes "Meister" sexuell aufzufassen, woraus sich in der restlichen Interpretation eine durch Dominanz und Unterwerfung bestimmte Beziehung ergibt, die der "Meister" zunächst ablehnt, doch das junge Mädchen besteht darauf, bittet, bettelt und fleht darum "hat auf Knien ausgeharrt" und schließlich geht sie an dieser Beziehung zu Grunde: "einsam an den Wassern stehn, niemals hat man je erfah'n, welchen Preis der Meister nahm" wird in den meisten Interpretationsansätzen als Hinweis auf ihren Tod betrachtet.
Ein weiterer Interpretationsansatz geht davon aus, dass der "Meister" jemand ist, den sie im Gegensatz zu ihrem Mann wirklich liebt. Diese Liebe wird jedoch nicht erwidert, der "Meister" sträubt sich zunächst, gibt ihrem Flehen jedoch nach und entjungfert sie schließlich. 

bis er nicht mehr widerstand
und die Nadeln nahm zur Hand. 
  
Ganz kecke Interpreteure (gibts dieses Wort? Auf jeden Fall sollte es dieses Wort geben!) sehen hier "Nadel" als Metapher für das äußere männliche Geschlechtsorgan. Was ich persönlich durch die Verwendung der Mehrzahl nicht ganz schlüssig finde. Das "weiße Kleid" wird in diesem Interpretationsversuch als Symbol für die Unschuld betrachtet, "diese Rosen kosten Blut" "stech die Blumen in den bloßen unberührten Mädchenleib" wird hier als Metapher für die Defloration betrachtet. Die "tiefen Stiche" sind hier bildlich für einen nicht ganz jugendfreien Vorgang, es "wuchsen Blätter, wuchsen Blüten" und "unbekannte Schmerzen" umschreiben die Schmerzen und das Blut, welches bei diesem Vorgang auftreten kann. Die "unbekannten Schmerzen" und "wachsenden Blüten" werden manchmal auch als Schwangerschaft und der folgenden Geburt betrachtet. Es endet wieder mit der Annahme ihres Todes, vermutlich weil die Liebe nicht erwidert wurde. Er verlässt sie, sie ist vor der Ehe entjungfert, dadurch gesellschaftlich gezeichnet und ausgestoßen. Man erfährt nicht, "welchen Preis der Meister nahm", vielleicht hat er das Kind behalten? Schließlich "steht sie einsam am Wasser"! Dieser Interpretationsansatz klärt jedoch nicht, warum diese Blumen, in diesem Fall der Geschlechtsverkehr, ihr Leben frühzeitig beenden sollten. 
Ein weiterer Interpretationsansatz, ein sehr beliebter wohlgemerkt, behauptet, es handle sich bei dem "Meister" um einen Tätowierer, beim "weißen Kleid" um ihre Haut und bei Nadeln und Rosen um den tatsächlichen Tätowiervorgang. Er tätowiert ihr Rosen.
Dieser Interpretationsansatz lässt sich weiter ausführen, angeblich (leider hab ich dazu keine verlässlichen Quellen gefunden!) war die Rose im Mittelalter ein Symbol für Prostitution! Prostituierte trugen angeblich Rosen-Tätowierungen um sich erkenntlich zu machen. Daher sollen auch diverse Rosen-Gassen und Straßen in diversen Städten kommen: Ein Hinweis, dass es sich bei der Gegend einst um das Rotlichtmilieu gehandelt hat. Ich weise nochmal darauf hin: Ich konnte keine glaubwürdige Quelle zu dieser Interpretation der Rose finden, wenn auch Rosen zweifellos auch heute noch ein Symbol für die Liebe sind. Der Tätowierer weigert sich jedenfalls zunächst dem Mädchen Rosen zu tätowieren, da er es nicht in die Prostitution schicken will, die das junge Leben frühzeitig beenden könnte. Schließlich gibt er ihr nach und als Bezahlung gibt sie sich ihm hin. Später ist sie "einsam", da sie als Prostituierte von der Gesellschaft ausgestoßen ist und begeht vermutlich Selbstmord.
In einem Forum interpretierte ein User das ganze Lied höchst satanisch: "Meister, Meister gib mir..."  betrachtet dieser User als "die Teufelsbeschwörungsformel schlechthin". Das junge Mädchen läuft fort, wird vom Teufel verführt (mit umgekehrter Psychologie), dieser tätowiert ihr eine Rose. Sie hatte unverheiratet Sex, sie ist gezeichnet, ausgestoßen und bringt sich um. "Blätter und Blüten"sind hier die "Sprosse Satans der in Sündern weiterlebt!". Auch ein Ansatz, wenn es auch nicht meiner wäre.
Ich habe jetzt einige Interpretationsversuche aufgezählt, die ich in den endlosen Weiten des Netzes so fand. Welcher ist nun der Richtige?
Eine Interpretation steht und fällt mit ihrer Argumentation, ich persönlich finden den Ansatz mit der unerwiderten Liebe am plausibelsten.
Drei Dinge müssen jedoch noch zusätzlich erwähnt werden: Erstens: Es gibt ein sogenanntes "Subway to Sally Storybook", das ich jedoch nicht besitze. Und ganz ehrlich, es interessiert mich auch nicht wirklich. In diesem Buch sind von diversen Künstlern Bilder und Zeichnungen zu den Songtexten, sowie einige Kommentare des Songwriters. Laut einem Youtube-Comment, ich hab das Buch wie gesagt nie gesehen, steht in diesem Buch als Anmerkung "es handle sich um das Zurücklassen der Kindheit", ein anderer Comment behauptete aber auch, in dem Buch stünde, dass die Rose im Mittelalter ein Symbol für Prostitution sei. Die Wahrheit ist irgendwo da draußen!
Zweitens: es gibt ein weiteres sehr interessantes Subway to Sally Lied, welches den Titel "Die Rosen im Wasser" trägt. Textlich könnte man meinen, es handle sich hierbei um die Fortsetzung von "Kleid aus Rosen". Kurzum: es scheint in dieser vermeintlichen Fortsetzung um eine Tote die im Wasser treibt zu gehen, desweiteren werden Motive wie "die Schmerzen einer Jungfrau", "Liebe" und "Grausamkeit", "Trauer" und "Lust" mit eingebracht. Betrachtet man das Lied als Fortsetzung, so bestätigt es zumindest den Tod des Mädchens am "Wasser". Irritierend dabei ist jedoch, dass die vermeintliche Fortsetzung auf dem 1999 erschienen Album "Hochzeit" ist, während sich "Kleid aus Rosen" auf der zwei Jahre später erschienenen CD "Herzblut" befindet. So der textliche Zusammenhang ernst genommen wird, ist "Kleid aus Rosen" also ein später verfasstes Prequel zu "Die Rosen im Wasser".
Drittens: jetzt lehn ich mich bezüglich der Intertextualität weiter aus dem Fenster: Subway to Sally nimmt hier ein Motiv auf, das ich aus einem alten Kinderlied kenne... "Heidenröslein" von Goethe. Bis zum heutigen Tag und der eingehenden Beschäftigung mit Rosen etc. war mir nicht bewusst, dass dieses vermeintliche Kinderlied in Wahrheit übler Schweinskram ist. Denkt man ja nicht dran. Jedenfalls lassen sich gewisse Parallelen in der Rosen-Metapher erkennen. Man könnte sogar sagen "Kleid aus Rosen" ist das Gegenteil von Goethes "Heidenröslein". Diesmal will das Röslein gepflückt werden, auch wenn es danach dennoch leiden muss.  Ich denke dieser Vergleich ist völlig gerechtfertigt. Dieses von Schubert vertonte Goethe-Gedicht ist vermutlich dem Großteil der deutschen Bevölkerung als Volkslied bekannt, besonders aber einem Germanisten sollte das Schaffen Goethes bekannt sein, weshalb ich persönlich "Kleid aus Rosen" für das Subway to Sally Pendant von "Heidenröslein" halte!

Anstatt der geplanten zwei Stunden sitze ich hier seit knapp vier Stunden was ein weiterer Beleg für die Komplexität dieses Liedes ist. Ich denke, den meisten Subway-Fans ist nicht bewusst, wie unterschiedlich die Interpretationen ausfallen können, ich persönlich finde es immer wieder faszinierend, wieviel in solchen Liedern stecken kann! 

Samstag, 9. Juli 2011

[Off Topic] Wegen Fortbildung geschlossen!


Einen schönen Samstagnachmittag!

Die nächste Woche kann ich mein kleines Projekt leider nicht fortführen, da ich mich auf einer sieben tägigen Fortbildungstagung in Slowenien befinden werde.



Obwohl ich auf dieser Tagung sicherlich viele neue Inspirationen für mein kleines Projekt hier bekommen werde, so hab ich doch auch jetzt schon die eine oder andere Idee, die sich eine Umsetzung  wünscht. Ich hoffe, ich verliere in dieser Woche nicht das Interesse an dem Blog. 
Zum einen will ich eine Art Tagebuch führen und das eventuell dann veröffentlichen, quasi als Einblick für Menschen, die niemals auf einem solchen Event waren. Ich denke, das könnte ganz interessant sein? 
Ob ich das auch wirklich durchziehe, ist natürlich eine andere Frage, jedoch hab ich zu diesem Zweck schon ein sündhaft teures Notizbuch gekauft. Zum anderen hab ich auch schon ein neues Lied im Blick, das nach einer Interpretation schreit!


Übrigens, wer denkt, es handle sich bei einem solchen Festival um eine vom Teufel gesponserte schwarze Messe voll ungezügeltem Sex, sündigem Alkoholkonsum und Menschenopfern, den möchte ich in seiner falschen Weltanschauung korrigieren!
Dazu ist ein kleiner Ausflug in die Philosophie nötig, genauer zu Nietzsche. Nietzsche beklagte schon zu seiner Zeit, dass die Menschheit verlernt hätte richtig zu "leben". Begonnen hätte das mit Sokrates, der sich so sehr in sein Denken gesteigert hätte, dass keine Zeit mehr zum "leben" bliebe.
Früher, vor Sokrates, hätten die Menschen in friedlicher Eintracht mit Apollon und Dionysos gelebt.
Vereinfacht steht Apollon für das kühle Rationale, das Individuum, für sittliche Reinheit und Mäßigung.
Dionysos hingegen steht für die rauschhafte Auflösung alles Individuellen und für das Triebhafte. Auch ist er der Gott des Weines. Durch Sokrates' starke Konzentration auf das Apollinische hat er Dionysos quasi getötet und die Menschheit aus dem Gleichgewicht gebracht.
-Aus diesen Überlegungen schrieb Nietzsche seine "Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik".
Man sieht, die Musik steckt hier schon im Titel, auch wenn Nietzsche das Rauschhafte in Wagner-Opern meinte. Jedoch hatte der gute Mann auch nie die Gelegenheit auf eines der modernen Festivals zu fahren:


  
Würde Friedrich Wilhelm Nietzsche dieses Video sehen oder wäre er dabei gewesen, er wäre sicher überglücklich gewesen ob dieser puren Manifestation des Dionysischen. Man betrachte all die Menschen, die aufgelöst zu einer rauschhaften Masse glücklich gemeinsam in der Musik schwelgen! In diesem speziellen Fall teilt selbst die Band die Bühne mit anderen Bands und verschwimmt somit auch zu einer größeren Einheit, Grave Digger teilen die Bühne mit Van Kanto und Hansi Kürsch (dem Sänger von Blind Guardian). Gemeinsam feiern hier zehntausende Menschen friedlich, ausgelassen, den Augenblick genießend und geben sich ganz den Freuden der Musik hin!
Man sieht, es geht bei einem Festival also weniger darum, sich wie die Schweine im Dreck zu suhlen  oder Koma zu saufen, als viel mehr eine kurze Auszeit von unserer schnellen, von Zeitdruck, Zahlen, Leistung und Fakten dominierten, apollinischen Welt zu nehmen. Sokrates Fehler auszugleichen, Dionysos zurück in unser Leben zu lassen, einen gesunden Ausgleich zu schaffen!
Entspannung, Freude, Freundschaft, "kontrollierte Anarchie". Die andere Seite des Lebens für ein paar Tage bewusst leben und genießen!

Ich wünsche allen, die sich nächste Woche nicht von Dionysos küssen lassen, eine schöne Zeit, hoffentlich bis bald!

Freitag, 8. Juli 2011

Geist - Unter toten Kapitänen

Guten Tag, werte Fremde, die zufällig hier gestrandet sind!

Heute möchte ich "Unter toten Kapitänen" der deutschen Band "Eïs", ehemals "Geïst", interpretieren. Schon zu Beginn sei gesagt, dass dieses Stück in meinen Augen so mächtig und erhaben ist, dass ich es fast nicht wage mich an diese Nummer heranzutasten. Und dennoch, dieses Lied gefällt mir ausgesprochen gut und ich denke, es ist ein perfektes Stück um zu zeigen, dass Black Metal, so man die Musik dieser Band denn so titulieren will, weit mehr sein kann als kindisches Gebrabel über Satan und die böse Kirche. Leinen los für "Unter toten Kapitänen!"




Lyrics:

Nichts, was wir in unserer Umwelt wahrnehmen, zeigt je sein wahres Gesicht. Es versteckt sich in einer Maske, die ein unerforschliches Wesen hervorgebracht hat. Wenn ich auch nur die Maske sehe, es ist das, was hinter der Maske versteckt ist, was ich so hasse! Das Böse ist es, das die Menschen seit Urzeiten plagt und verängstigt und ihr Denken beherrscht. Das uns verletzt, verstümmelt anstatt uns einen schnellen Tod zu schenken. Das Menschen zwingt weiterzuleben mit einem halben Herzen, einer halben Lunge.

Schau die Glut hinter den Wellen, wie sie ohne Klang erlischt. 
Vielleicht ist diese Dämmerung unsere letzte. 
Leuchtturm waren wir in all den Stürmen, an unseren Tauen hingen blutend die Laternen. 
Alles was hier nun noch scheint, ist mattes Licht wie aus Tavernen. 
Aber schau, wir segeln unter toten Kapitänen.

Wo der scheue Geist im Meer und stille Dunkelheit sich flüchtet, sucht tönerne Werke nicht! Und solltet ihr sie finden, lasst sie wehen: Es ist besser, dass ihr sie vernichtet.

Sieh! 
Über den Wellen sinkt die Nacht herab und unsere Segel sind erfroren. 
Vielleicht ist diese Flaute unsere letzte.

An unserem Bug zerschnitten tausend Wetter und von unserem Deck erklangen tausend Lieder. 
Alles, was hier nun noch klingt, ist der Gesang von schwarzen Schwänen.

Sieh! 
Wir segeln unter toten Kapitänen.

Ich fühl mich alt, als wär ich Adam. Gebrochen von der Last der Jahrmillionen seit der Flucht aus dem Paradies. Welcher Geist, welcher Dämon, welches unerforschliche Wesen umringt mich in meiner Sehnsucht nach Liebe? Unaufhaltsam, ohne Unterlass weiter. Und zwingt mich zu Taten, die mein eigentliches, innerstes Wesen verabscheuen. ... [diese Stelle ist mir absolut unverständlich] unergründliche, endlose See!

Aus den modernden Urnen gesunkener Schiffe schreien die Glocken und Hörner, rühren das Wasser und treiben den Nebel über die kalkweißen Klippen gegen die Stadt, 
dass, wenn ihr erwacht, ihr den Ruf der Götter dumpf nur geträumt habt: 
Alles ist ewig verloren. 

Ich sah ein Schiff auf seiner dritten Fahrt in den verfluchten Erdenwinter treiben. Vielleicht war diese Reise seine letzte. Am gebrochenen Revers der Kapitäne sah ich von Ferne noch Medaillen leuchten und im Mahlstrom tauchte etwas auf und etwas tauchte unter, das ich nicht erkannte.

Niemand weiß, wohin wir segeln, unter toten Kapitänen.


Rhetorische Figuren: 
Bei "Unter toten Kapitänen" gibt es kein vernünftiges Reimschema, die Strophen sind unterschiedlich lang und zwischen das "Gekreische" (=Volksmund) oder auch den "gutturalen Gesang" (=Wikipedia) mischen sich klar gesprochene Passagen. Doch dazu später mehr.
Ein fixes Reimschema, das als Futter für den gemeinen Ohrwurm dient, gibts also nicht, die Substanz des Textes und des Liedes will wohl aus anderen Faktoren gewonnen werden. Damit sind wir wieder bei den rhetorischen Figuren, die jeden Text hübsch und schön machen. Und im Falle von "Unter toten Kapitänen" erschlagen einen die sprachlichen Bilder förmlich.
Ich werde nicht Zeile für Zeile über das gesamte Lied gehen, sondern eher drüberfliegen, denn zum einen hab ich nicht den ganzen Tag Zeit, zum anderen würde es eh kein Mensch lesen.
"Schau die Glut hinter den Wellen, wie sie ohne Klang erlischt."  Hinter Wellen kann es keine Glut geben, das könnte man schon als Paradoxon durchgehen lassen, zusätzlich ist es natürlich eine Metapher für Sonne und ein Vergleich. Die untergehende Sonne wird mit erlöschender Glut verglichen. "Leuchtturm waren wir in all den Stürmen" steht wohl für gemeinsam überstandene Gefahren. Der Leuchtturm, Licht als Symbol für Hoffnung, "Stürme" zum einen als Symbol für Gefahren generell, zum anderen bei einem Lied über Seefahrt natürlich auch als Sturm selbst. Auch die "toten Kapitäne" könnte man einerseits natürlich wörtlich als Geisterpiraten verstehen, wie etwa in den viel zu erfolgreichen Fluch-der-Karibik-Filmen. Andrerseits könnten sie auch metaphorisch für Noch-Lebende stehen, die beispielsweise auf einer Fahrt ins Ungewisse sind, aus dem eine Heimkehr unwahrscheinlich ist und mit deren Tod schon gerechnet wird. "Sinkt die Nacht herab" mag wohl im alltäglichen Sprachgebrauch schon fester Bestandteil sein, aber diese Redewendung dürfte dennoch metaphorischen Ursprungs sein. "An unserem Bug zerbrachen tausend Wetter" ist in meinen Augen zum einen eine Metapher, "Wetter" zerbricht oder zerspringt (das Wort ist nicht ganz eindeutig zu verstehen) nicht, ebenso fühlt sich hier Wetter nicht ganz korrekt an. Ich würde "Wetter" hier als Synekdoche für dieses ganze Witterungsbegriffsfeld sehen. "Stürme", "Unwetter", "Gewitter", eventuell sogar "Klima", "Wetter" alleine scheint mir jedoch eine ziemlich verharmlosende Variante aus einem größeren, stärkeren Ganzen. "Aus den modernden Urnen gesunkener Schiffe" ist ebenfalls eine ganz hübsche Metapher für ertrunkene Seeleute und noch in der selben Zeile "schreien die Glocken und Hörner": Instrumente schreien nicht und schon gar nicht unter Wasser. Damit sind in dieser Zeile nicht nur zwei Metaphern, sondern auch ein Paradoxon beschrieben. Würde man sich noch weiter mit den Stilmitteln in diesem Text beschäftigen, so würde man sicher noch so einiges zutage fördern, ich werde mich jetzt aber dem Inhalt zuwenden.

Inhalt:
Dieser Song lebt von seiner Stimmung. Alleine die Länge des Liedes, es dauert über 15 Minuten, spiegelt schon die endlose Weite des Meeres und das Lied nimmt sich alle Zeit der Welt um die Atmosphäre der rauen See langsam aufzubauen. Ganze drei Minuten, andere Lieder neigen sich zu diesem Zeitpunkt bereits dem Ende zu, nimmt sich "Unter toten Kapitänen" um mit der ersten Textpassage zu starten. Bis hierhin gibt es nur Geräusche der Schifffahrt, ein Piepen lässt ein Radargerät oder ein Sonar vermuten, die schwere, ruhige Melodie schwingt langsam und beständig wie die endlosen Wellen des Ozeans zu uns.
Aber bevor es an die erste Textpassage geht, noch ein kurzer Diskurs über die musikalische Geschichte der Seefahrt der letzten Jahre:
Geist stehen mit dieser Thematik bei weitem nicht allein da. Man nehme als weitere Beispiele das ebenfalls schöne Raue See der ebenfalls aus Deutschland stammenden Mittelaltertruppe "In Extremo" oder so ziemlich das Gesamtwerk der (Überraschung!) aus Deutschland stammenden Band "Ahab", die sich schon nach dem Kapitän aus "Moby Dick" benannt hat. Ein wunderschön schwermütiges Beispiel wäre hier O Father Sea. Aber auch von Übersee gibt es natürlich Seefahrtsmetal wie etwa Alestorm ("True Scottish Pirate Metal") oder Swashbuckle, von den ganzen Vikingmetalbands mal zu schweigen. Geist liefern hier also nichts besonders Innovatives, wenn sie ein Album über Seefahrt machen. Haben sie dennoch ihre Existenzberechtigung?
Selbstverständlich, da die genannten Bands selbige Thematik doch sehr unterschiedlich angehen!
Was Geist betrifft, so ist der Zugang ein schwermütiger, melancholischer, unheilvoller, während etwa Alestorm die Freude verbreitet, die die letzten Fluch-der-Karibik-Filme schmerzlich vermissen ließen.
Aber zurück zu "Unter toten Kapitänen": Nach dem atmosphärischen Intro kommt nach drei Minuten die erste ruhig gesprochene Textpassage. 

Nichts, was wir in unserer Umwelt wahrnehmen, zeigt je sein wahres Gesicht. Es versteckt sich in einer Maske, die ein unerforschliches Wesen hervorgebracht hat. Wenn ich auch nur die Maske sehe, es ist das, was hinter der Maske versteckt ist, was ich so hasse! Das Böse ist es, das die Menschen seit Urzeiten plagt und verängstigt und ihr Denken beherrscht. Das uns verletzt, verstümmelt anstatt uns einen schnellen Tod zu schenken. Das Menschen zwingt weiterzuleben mit einem halben Herzen, einer halben Lunge.

Ziemlich stimmungsvoll, unheilvoll, misantropisch. Das geeignete Stichwort ist hier: Intertextualität.
Ich hätte es nicht gewusst, ein Freund hat mich darauf aufmerksam gemacht. Geist zitieren hier leicht abgewandelt aus der Moby-Dick-Verfilmung aus dem Jahre 1956. 

Yet he is but a mask. 'Tis the thing behind the mask I chiefly hate; the malignant thing that has plagued mankind since time began; the thing that maws and mutilates our race, not killing us outright but letting us live on, with half a heart and half a lung. 
                                                                               -Quelle: Imdb


Das, was jenseits der Maske liegt, ist, was ich hasse,... ..jenes bösartige Ding, das die Menschen seit jeher peinigt und ängstigt. Das uns malträtiert und verstümmelt,... ..aber doch nie ganz tötet, sondern weiterleben lässt,... ..mit einem halben Herzen und einer halben Lunge. Gott beschütze uns. Die Besatzung steht hinter mir, Mr. Starbuck. Sie haben ihren Schwur gehört. Und Sie,... ..was sagen Sie?
                                                                                                        -Quelle: http://movie.subtitlr.com/


Ich kenne zwar weder Buch noch Moby-Dick-Filme, jedoch ist diese Geschichte, und sei es nur der bloße Name, wohl im allgemeinen Kulturverständnis als DIE Seefahrtsgeschichte schlechthin gespeichert. Wie könnte man also besser einen Song über die Schwierigkeit und die Gefahren der Seefahrt beginnen als sich auf dieses Buch zu beziehen?  Ich kann nur vermuten, dass auch die zweite klar gesprochene Passage ein Zitat aus Moby Dick ist, gefunden hab ich leider nichts dazu. 
Inhaltlich geht es schwermütig und melancholisch weiter. Wieder häufen sich Abend- und Nachtbeschreibungen, Symbole für das Ende, für den Tod; alles deutet auf den Lebensabend hin. Bisher konnte allen Gefahren getrotzt werden, doch diese Fahrt scheint die letzte zu werden. Wobei, wie oben angesprochen, natürlich die Frage bleibt, ob die "Toten Kapitäne" Geister, verlorene ertrunkene Seelen sind oder zukünftige Tote auf einer Fahrt ins Ungewisse. Man stelle sich vor, wie sich die Menschen auf Schiffen aus Holz oder, noch viel früher, sogar aus Schilf(!) gefühlt haben, die ins Ungewisse aufbrachen: Völlig den Gewalten der Natur ausgeliefert! Reicht der Proviant, reicht das Trinkwasser? Fragen, die wir uns heutzutage nicht mehr stellen müssen. Wir ärgern uns über 2 Stunden Check In und fliegen gemütlich in 25 Stunden an jeden Ort der Welt.
Ich denke, dass Geist dieses Ungewisse, dieses den Meeren Ausgeliefertsein, perfekt einfangen.
Angeblich, so lernten wir es in "Bildnerische Erziehung", saßen die Menschen früher stundenlang vor Gemälden und fantasierten. Quasi Fernsehersatz! Sieht man sich diverse Gemälde der Marinemalerei an, so ist das auch verständlich. Teilweise ist es traumhaft, was für Stimmungen, auch unheilvolle von sinkenden Schiffen, eingefangen werden!






Sieht man sich das Albumcover von Geists "Galeere" an, wird man mir wohl zustimmen müssen, dass dieser Vergleich ganz treffend ist und auch "Unter toten Kapitänen" ein würdiges letztes Lied eines unglaublich stimmungsvollen Gesamtkunstwerkes ist:




"Unter toten Kapitänen" ist musikalische Marinemalerei. Schaurig schön, stimmungsvoll und der Beweis, dass Black Metal (wobei ich "ambient" treffender finde)  auch grandios ohne Satan funktionieren kann!


-edit 14.02.12: kaputte Links zu Videos und Bildern ausgetauscht, sowie Ergänzung der deutschen Textpassasge aus der deutschen Moby Dick-Verfilmung, nach anonymer Link-Spende, siehe Comments. Außerdem hab ich überall den Blocksatz draufgeknallt... linksbündig erzeugt Augenschmerzen, das Brainwashing der Universität funktioniert.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Rammstein - Ohne Dich; eine Interpretation


Und auf gehts in die erste Runde!
Ich möchte mit einer Band beginnen, die auf der einen Seite unzählige Fanscharen auf der ganzen Welt hat, der aber auf der anderen Seite oftmals vorgeworfen wird, ihre Lyrics wären primitiver, provokativer Mist und ihre Melodien bestünden aus nur drei unterschiedlichen Tönen. Die Rede ist selbstverständlich von Rammstein, für das Lied "Ohne dich" hab ich mich entschieden, weil es auf den zweiten Blick eine Fülle an Interpretationsmöglichkeiten bietet und... ich finde es sehr schön.



Ich werde in die Tannen gehen
Dahin wo ich sie zuletzt gesehen 
Doch der Abend wirft ein Tuch aufs Land 
Und auf die Wege hinterm Waldesrand 
Und der Wald er steht so schwarz und leer 
Weh mir, oh weh 
Und die Vögel singen nicht mehr 

Ohne dich kann ich nicht sein 
Ohne dich 
Mit dir bin ich auch allein 
Ohne dich
Ohne dich zähl ich die Stunden 
ohne dich 
Mit dir stehen die Sekunden 
Lohnen nicht

Auf den Ästen in den Gräben 
Ist es nun still und ohne Leben 
Und das Atmen fällt mir ach so schwer 
Weh mir, oh weh 
Und die Vögel singen nicht mehr 

Ohne dich kann ich nicht sein
Ohne dich
Mit dir bin ich auch allein
Ohne dich
Ohne dich zähl ich die Stunden 
Ohne dich
Mit dir stehen die Sekunden
Lohnen nicht
Ohne dich
...



Rhetorische Figuren:
Was für eine Freude, gleich in der ersten Zeile wird nicht in den "Wald" gegangen, sondern in die "Tannen". Und hier könnte man auch sofort streiten, ob es sich um eine Metonymie oder eine Synekdoche handelt, meines Erachtens ist beides möglich.
"Doch der Abend wirft ein Tuch aufs Land" ist eine hübsche Metapher, es wird dunkel.
Auch "Der Wald er steht so schwarz und leer" ist meiner Meinung eine Metapher. Wenn auch vielleicht keine sonderlich starke mehr, so glaube ich nicht, dass ein Wald "schwarz" stehen kann. "Auf den Ästen in den Gräben" würde ich hingegen nicht als Metapher oder Metonymie betrachten, da die Bezeichnung Graben durchaus gängig für Schluchten ist. Auch wenn es sich dabei zweifellos um ein schönes Bild handelt.
Im ganzen Lied befinden sich auch noch diverse Anaphern, Alliterationen und ein Kyklos, wobei es heir auch von der Definition der Figuren abhängt und wie weit diese Begriffe gedehnt werden dürfen. Bei einem Lied mit relativ freiem Reimschema ist es schwierig die Abgrenzungen und Abstände zu definieren. Zweite und dritte Zeile beginnen mit D, was ich als Alliteration sehen würde. In der dritten Zeile fällt die Häufigkeit der ähnlichen Anfangslaute auf: "Doch Der abend wirft ein Tuch". Das trifft auch auf die "Wege hinterm Waldesrand" zu. Die Zeile "weh mir, oh weh" ist streng genommen ein Kyklos. "Stehen die Sekunden" ist ein weiteres Beispiel für eine Alliteration. Anaphern wären beispielsweise das wiederkehrende "und" am Zeilenanfang,  oder auch das "Ohne dich", die dem ganzen Lied auch durch die Wiederholungen eine gewissen Zusammenhalt geben.

Inhalt: 
Zunächst wird eine Wanderung in den Wald beschrieben, während es langsam Abend wird. Den beginnenden Abend kann man als Vergänglichkeitssymbol betrachten. Ein Thema, das in der Lyrik durchaus häufig behandelt wird. Gleichermaßen wird aber auch auf eine Person Bezug genommen, möglicherweise auf eine "Geliebte"? In der ersten Zeile heißt es "dahin wo ich SIE zuletzt gesehen". Ist diese "Sie" diejenige ohne die er nicht sein kann? Handelt es sich um einen Menschen? "Ohne dich zähl ich die Stunden" deutet auf die Sehnsucht und die Erwartung auf "Sie" an. Jedoch ergibt sich ein Paradoxon aus "mit dir stehen die Sekunden, lohnen nicht". Wofür also erwartungsvoll die Stunden zählen, wenn sie sich nicht lohnen? Da das ganze Lied auch von der Nacht handelt, könnte mit "Sie" auch "die Nacht" selbst gemeint sein. "Ohne dich zähl ich die Stunden", wenn man Beispielsweise auf Feierabend wartet, wenn man aber in der Nacht schläft, stehen für einen selbst quasi die Sekunden, sie lohnen sich jedoch auch nicht direkt.
Betrachtet man das Ganze als Liebeslyrik, so ist besonders der Widerspruch am Ende sehr reizvoll, der sich auch mehrmals aufhebt:


Ohne dich kann ich nicht sein
Ohne dich
Mit dir bin ich auch allein
Ohne dich
Ohne dich zähl ich die Stunden 
Ohne dich
Mit dir stehen die Sekunden
Lohnen nicht
Ohne dich


"Ohne dich kann ich nicht sein" gegen "mit dir bin ich auch allein", sowie das schon angesprochene: "Ohne dich zähl ich die Stunden" gegen "Mit dir stehen die Sekunden-lohnen nicht", was jedoch durch die darauffolgenden "ohne dichs" noch ins Positive gekehrt wird: Die stehenden Sekunden lohnen sich ohne dich nicht!
Eine weiterer Interpretationsansatz, sieht man sich die Band an, so wirkt er weit hergeholt, der aber erstaunlich gut funktioniert: "Dich" bezieht sich auf Gott. In diesem Interpretationsansatz lässt sich das Vergänglichkeitsmotiv der Abenddämmerung mit dem "Ohne dich" verbinden. Ohne Gott wäre kann man nicht sein, mit ihm ist man jedoch auch allein. Eine kritische Gotteswahrnehmung wie etwa in Rilkes "Was wirst du tun Gott wenn ich sterbe". Dieses Gedicht kam mir jedenfalls bei diesen letzten Zeilen in den Sinn. Und auch wenn dieses Motiv für Rammstein wohl unwahrscheinlich ist, so kann man beispielsweise in Rammsteins "Dalai Lama" eindeutige Parallelen zum Erlkönig erkennen, oder in "Haifisch" zu Brechts "Mackie Messer", woraus man schließen kann, dass die Herren belesener sind, als sie auf den ersten Blick scheinen. Wer weiß, vielleicht ist "Ohne dich" Rammsteins Interpretation dieses Rilke Gedichts. Ich persönlich würde es aber wohl am ehesten als Liebeslied interpretieren.
Ich möchte hier nur Beispiele für mögliche Interpretationsansätze liefern und somit zeigen, dass hinter dieser Band sehr viel mehr "Literarizität" steckt, als der erste Eindruck vermuten lassen würde.
Ich weise nochmal darauf hin, dass es sich hierbei um einige meine persönlichen Gedanken zu diesem Lied handelt und ich keinerlei Anspruch auf Richtigkeit erhebe. Ich lade aber herzlich dazu ein in den Comments weitere "eigene Meinungen" zu dem Lied zu posten. Oder generell Anregungen, Liedvorschläge für zukünftige Interpretationen etc.!



Dienstag, 5. Juli 2011

Schönen guten Abend, meine Damen und Herren!

Ein neuer Blog ist geboren. In diesem ersten Post werde ich kurz kundtun, was ich hier eigentlich vorhabe und wie es dazu kam.
Neulich las ich in einem Forum, diese und jene Band würde "dämliche Texte" machen, oder "es käme bei denen nicht auf den Inhalt an!". Ich finde, es handelt sich hierbei um einen großen Irrtum, dessen Aufdeckung ich hier anstrebe. In moderner liedhafter Lyrik, beispielsweise dem Zeug, das nicht auf meinen Wunsch hin so im Radio läuft, oder das Zeug, das auf meinen Wunsch hin in meinem CD-Player läuft, steckt meiner Ansicht nach oftmals sehr viel Literarizität. Auch wenn diese nicht unbedingt wahrgenommen wird, oder großzügig ignoriert wird. Was auch völlig legitim ist, ich will niemandem seine Hintergrundmusik stehlen und es sei hier auch hervor gehoben, dass ich keinerlei Anspruch auf Richtigkeit erhebe. Bei vielen rhetorischen Figuren kommt es oft zu Undeutigkeiten und Streitfragen und eine richtige Interpretation gibt es (meiner Meinung nach) nicht, auch wenn einige Menschen das glauben und auch nicht einsehen, dass ihre Ansicht der Dinge nicht zwangsweise die richtige, oder die einzig richtige ist. Eine Interpretation kann nur so gut sein, wie ihre Argumentation. Und dabei ist es auch nicht besonders wichtig, ob der Verfasser des Textes etwas ausdrücken wollte. Wichtig ist, was bei mir, dem Empfänger des Textes, ankommt. Was der Text - im Fall dieses Blogs vermutlich Song-Lyrics - bei mir auslöst. Was er in mir weckt, wie er mich bewegt, ob er mich ergreift. Das ist mein Basismaterial, mit dem ich arbeiten kann und muss. Ergibt sich ein Stilleposteffekt, so hat der Sender seine Botschaft nicht klar genug ausgedrückt. Was nicht schlecht sein muss, mich persönlich betrifft nur, was auch bei mir ankommt und das wiederum muss sich nicht mit der Meinung und Interpretation anderer decken.

Sollte aus diesem Blog tatsächlich einmal mehr werden, als ein einzelner Post, der im Treibsand der endlosen Weite des Internets versinkt und sollte je jemand diese Zeilen lesen, so lade ich sie oder ihn gerne zu Feedback ein. Übereinstimmung, Kritik (sowohl inhaltlich, gerne aber auch zur Rechtschreibung und besonders Beistrichen, -nicht meine Spezialgebiete), Anregungen zu Lyrics... immer her damit.

Mein Musikgeschmack ist "very openminded", ich kenne eigentlich keine Musikrichtung, aus der mir nicht zumindest ein Lied einfällt, das mir auch gefällt, daher weiß ich auch nicht, was mich hier so erwarten wird, aber beginnen werde ich wohl eher mit düstereren Klängen!

Auf einen spassigen Sommer!